Sonntag, 17. Mai 2009

Soll man sich darüber freuen und hämisch grinsen, oder besser nicht?

Das Manager-magazin berichtet in seine online-Ausgabe am 12.5.2009 darüber, wie genau die hochdotierten Steuerschätzer die Staatseinnahmen vorhersagen.

Der Titel „Weisenrat mit schwacher Trefferquote“ sagt eigentlich schon alles.

Hier ein kurzer Auszug daraus:
Selten kommt so viel Fachkompetenz zum Thema Steuern zusammen wie bei den Treffen des Arbeitskreises Steuerschätzung. Dennoch liegen dessen Ergebnisse meist daneben. Während des derzeitigen Konklaves aber scheint eins gewiss: die Prognose eines gigantischen Einnahmeausfalls - der so nicht eintreten muss.
Bevor sich die etwa 35 Steuerschätzer am Dienstagmorgen in Bad Kreuznach zu ihrem dreitägigen Konklave in dem sachlichen 70er-Jahre-Bau des Finanzamtes zurückzogen, machten nochmals Worte wie "dramatisch" oder "einmalig" die Runde. Denn am Donnerstag wird der Schätzerkreis einen Einnahmeausfall vorhersagen, wie es ihn in der mittlerweile 54-jährigen Geschichte des viel beachteten Gremiums wohl noch nie gab. Der könnte bei bis zu 350 Milliarden Euro bis 2013 liegen - fast das Achthundertfache dessen, was das Finanzamt Bad Kreuznach jährlich an Steueraufkommen hat. …
Seit dem Start des Arbeitskreises Steuerschätzung wird über die Treffsicherheit der für die Politik wichtigen Prognosen gestritten. Zwischen 1994 und 2003 etwa wurde das Schätzergebnis in vier Jahren übertroffen und in sechs unterschritten. Selten kommt so viel Kompetenz zusammen wie bei den beiden Jahrestreffen der Experten von Bund, Ländern und Kommunen, Forschungsinstituten und Bundesbank sowie Statistikamt. Aber auch die Runde dieser 133. Schätzung weiß, dass ihre Vorhersage spätestens in einem halben Jahr überholt sein wird.
Dabei sind die Schätzer für die ungenauen Vorhersagen kaum verantwortlich zu machen. Hängen sie doch von den Vorgaben der Politik und deren jeweiliger Wachstumserwartung für die Wirtschaft ab. Senkt die Regierung ihre Konjunkturprognose, schlägt das bei der Steuerschätzung besonders durch. Selten jedoch gab es so viel Ungewissheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung …
Die Prognosen werden auch durch Steuerrechtsänderungen erschwert - geschätzt wird immer auf Basis geltenden Rechts. ….


Soweit das Zitat aus dem Manager-Magazin.

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

Es wird unheimlich viel Zeit und Geld dafür investiert, einen wichtigen Kennwert vorherzusagen. Daran werden dann viele größere und kleinere Entscheidungen ausgerichtet. Hinterher ist fest zu stellen, dass man eine Situation nicht treffsicher Vorhersagen kann. Egal ob es sich um den DAX handelt oder das Steueraufkommen, in beiden Fällen wird viel an Expertenwissen zu einer rational-logisch erscheinenden Prognose zusammengestellt. Für alle Beteiligten stellt dies eine wunderschöne Rechtfertigung dar.

Aus das tatsächliche Steueraufkommen wirken sich viele verschiedene Einflüsse aus. Diese Einflussgrößen sind nicht mit vollkommener Sicherheit zu berechnen und schon gar nicht komplett kontrollieren. Damit entzieht sich diese Situation der Kontrolle eines rationalen Vorgehens. Eine sehr treffsichere Zukunftsprognose ist damit nicht möglich.

Ist eine logische Entscheidung für die zukünftige Weichenstellung dann überhaupt sinnvoll?

Vielen Menschen geht es ähnlich. Weichenstellung für die Zukunft müssen sie bereits heute. Aber genau wissen, wie es wirklich kommen wird, wissen sie nicht. Stattdessen verlassen sich viele auf das Fortschreiben bisheriger Trends. Oder nehmen an, dass es Veränderungen in die eine oder in die andere Richtung geben wird. Dabei verlassen sie sich darauf, dass als logisch bewertet Zusammenhänge tatsächlich auch so eintreten werden. Bei Entscheidungen von besonderer Tragweite benutzen sie gerne die Pro- und Kontra-Matrix. Ein schönes Instrument, bei dem sie Kriterien und Argumente für die eine oder die andere Richtung sprechen gegenüber stellen. Entscheidend ist die Einschätzung darüber, wie die jeweiligen Punkte, die gefunden wurden bewertet werden. Welcher Punkt ist wirklich besonders wichtig?

Eine andere Methode besteht darin, dass man zunächst verschiedene sogenannte Szenarien erstellt. Die Auswirkungen jedes einzelnen Szenarios wird dann dargestellt und eingeschätzt. Darüber hinaus stellen erfahrene Analytiker dann Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten des jeweiligen Szenarios zur Verfügung.

Was nutzt es Ihnen, wenn Sie die Alternative mit den meisten Punkten bzw. der höchsten Wahrscheinlichkeit gewählt haben, und dann doch etwas anderes eintritt.
Für ihr Gewissen, wissen Sie, dass sie anhand der Kriterien, die Sie ausgewählt haben, nach besten Wissen und Gewissen entschieden haben. Nur kaufen können Sie sich davon nichts.

Je komplexer, desto dümmer die Ratio

Wer auf Wirksamkeit wert legt, der ist gut beraten die Chance zu betrachten, die die logischen Verfahren auf der einen Seite eröffnen und die intuitives Vorgehen auf der anderen Seite bietet zu betrachten.
Aus der Forschung zur Entscheidungsfindung wissen wir mittlerweile, dass bei der Prognose eine intuitive Entscheidungsfindung sich vorteilhaft auswirkt. Die Chancen richtig zu liegen sind größer – aber auch nicht 100%!
Darüber hinaus kommt hinzu, dass die Intuition Ihre Vorteile vor allem in komplexeren, schwerer zu kontrollierenden Situation ausspielt. Während rational-logisches Entscheiden dann gut ist, wenn Sie ganz wenige leicht zu überblickende Einflussgrößen haben. Das heißt, wenn Sie ein neues Haus kaufen, dann macht es wenig allein auf Ihren rationalen Verstand zu vertrauen. Die Chancen, dass Sie daneben liegen sind ganz gut. Wenn Sie stattdessen entscheiden, welches Werkzeug Sie brauche, um Ihr Fahrrad zu reparieren, ist das der richtige Job für rationales Vorgehen.
Vergessen Sie also getrost das Diktat einer strikt, rationalen Entscheidungsfindung. Je komplexer eine Situation für Sie ist, desto dümmer ist es, sich auf seine Ratio zu verlassen. Lassen Sie Ihre Neider und Wettbewerber in der zweiten Reihe sitzen und weiter an ihren rationalen Luftschlössern basteln. Nehmen Sie die vorliegenden Dante zu Kenntnis und benutzen Sie Ihre unbewusste Intelligenz und Sie kommen Ihrem massiven Schloss näher.

Wer zuletzt lacht
Trotz aller Fehlschätzungen hat der Fiskus seit 1950 bisher nur viermal weniger an Steuern eingenommen als im Vorjahr – so das Manager-Magazin!

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